Sogenannte Headless Content Management Systeme wie z.B. von Contentful oder StoryBlok geraten immer mehr in den Fokus der Digital Marketing- und E-Commerce Communities im DACH-Raum. Dabei fallen Buzzwords wie “Decoupled” oder “Composable”. Doch all diese Begriffe sind eher Techniker:innen geläufig, die sich mit der zugrundeliegenden Technik von Websites und Online Shops befassen. Damit auch Nicht-Techniker:innen verstehen, worum es geht, erklären wir, was ein Headless CMS ist und wie es sich grundsätzlich von herkömmlichen Content Management Systemen unterscheidet.
Was ist ein Headless CMS und wie unterscheidet es sich von einem herkömmlichen CMS?
Aus Sicht der CMS-Nutzer bzw. Redakteur:innen unterscheidet sich ein Headless CMS nicht von einem herkömmlichen CMS. Die grundsätzlichen Mechanismen sind immer dieselben, ob Headless oder herkömmliches CMS. Ein CMS hat die Aufgabe, Inhalte zu bearbeiten, zu verarbeiten und darzustellen. "Bearbeiten" bedeutet, dass der Redaktionsprozess im CMS stattfindet, also dass Inhalte erstellt, bearbeitet und gelöscht werden. Im Zusammenhang mit diesen Aufgaben bietet ein CMS auch oft Funktionen in Bezug auf Rollen, Rechte, Workflows, Freigabemechanismen, Übersetzungen und Medien-Assets, also Bilder und Videos. Diese Aufgaben sind bei einem herkömmlichen CMS und einem Headless CMS gleich.
In Bezug auf die Verarbeitung geht es darum, Informationen zu aggregieren. Wenn man sich zum Beispiel die Pressemitteilungen auf einer Website ansieht, möchte man die letzten fünf Artikel nach Datum sortiert anzeigen. Diese Art der Aggregation – also die Verarbeitung von Inhalten – muss irgendwo stattfinden. Die Anzeige sorgt dafür, dass das Ganze optisch so aussieht, wie man es erwartet.
Wie unterscheiden sich die Prozesse zwischen einem herkömmlichen CMS und einem Headless CMS?
Es gibt immer einen Presentation Layer, der sicherstellt, dass Inhalte optisch richtig auf Websites oder anderen Kanälen angezeigt werden. Ein CMS hat nicht nur die Aufgabe, Daten zu speichern und bereitzustellen, sondern soll diese auch optisch verarbeiten, damit sie im Layout auf der Seite verarbeitet sind.
Herkömmliches CMS = gekoppelt
Während des Bearbeitungsprozesses in herkömmlichen Content Management Systemen ist man möglicherweise an seitenbasierte Modelle gebunden, was bedeutet, dass man immer mit einer einzelnen Webseite im CMS arbeitet. Im herkömmlichen CMS ist der Inhalt immer mit dessen Präsentation verknüpft: Im Redaktionsmenü einer einzelnen Webseite werden so Text und Medien erstellt und geändert sowie festgelegt, wie dieser Text und die Medien auf der jeweiligen Webseite dargestellt werden sollen. Es ist sozusagen ein in sich geschlossener Dienst. Wir nennen dies ein gekoppeltes System.
Headless CMS = entkoppelt
Bei einem entkoppelten System ("decoupled System") sind die Redaktionsplattform und der Presentation Layer voneinander getrennt. Es sind zwei separate Dienste, die durch einen zwischen ihnen liegenden Prozess synchronisiert werden. Das Headless CMS hat auf der einen Seite alle redaktionellen Funktionalitäten, also alles zum Erstellen und Verarbeiten von Inhalten, und auf der anderen Seite ein Interface nach außen, das die Information standardisiert in einem technischen Format bereitstellt, also nicht optisch aufbereitet, aber bereits aggregiert. Das Headless CMS gibt immer einen technischen Output, erstellt also selbst keinen HTML-Code, der für die Darstellung der Inhalte benötigt wird. Denn letzteres ist die Aufgabe des Presentation Layers.
Beispiele zur Veranschaulichung
Ein einfaches Beispiel ist die Ausgabe von Daten auf einer Website:
Ein herkömmliches CMS nutzt die Daten, die im CMS gespeichert sind, und verarbeitet sie in kundenspezifisches HTML, um das Layout der Seite zu beschreiben und die Inhalte anzuzeigen. Dies wird dann mit Stylesheets für das Design und mit Javascript für das Verhalten der Seite kombiniert.
Beim Headless CMS sieht es anders aus. Die im CMS gespeicherten Daten werden quasi roh – eventuell aggregiert und gefiltert – über ein Standard-Interface bereitgestellt. Es erstellt aber keinen HTML-Code, sondern gibt lediglich eine standardisierte technische Antwort an den Presentation Layer, der vom CMS separiert ist. Das Headless CMS kümmert sich also selbst nicht um Layout und Design einer Webseite.
Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von mobilen Anwendungen:
Ein Headless CMS ermöglicht es Entwicklern, Inhalte von einem CMS zu beziehen und diese in eine beliebige Anwendung zu integrieren. Im Gegensatz zu traditionellen CMS, bei denen die Darstellung und das Backend fest miteinander verknüpft sind, können bei Headless CMS die Inhalte unabhängig von der Darstellung und den Frontend-Technologien erstellt und verwaltet werden. Dadurch wird die Flexibilität und Skalierbarkeit der Anwendungen erhöht.
In welchen Fällen ist ein Wechsel zu einem Headless CMS sinnvoll?
Die Entscheidung, ob ein Wechsel zu einem Headless CMS sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wenn man mit der Betreuung eines digitalen Kundenerlebnisses betraut ist, das über viele Kanäle hinweg und in einer gewissen Größenordnung – viele Inhalte bzw. Produkte – und Komplexität läuft, dann sollte man Headless unbedingt auf der Agenda haben. Eine Plattform zu haben, die das nicht kann, bremst die Arbeitsprozesse aus.
Ein konkreter Use Case wäre beispielsweise ein Produktkatalog, der bereits auf der Website veröffentlicht wird, aber auch in einer mobilen Anwendung wie einer iPad-App für Vertriebsmitarbeiter verfügbar gemacht werden soll. Diese App könnte zusätzliche Informationen wie aktuelle Preise enthalten und es ist wichtig, dass alle Kanäle mit den gleichen Daten befüllt werden. Weiterhin können Point-of-Sale-Geräte vorhanden sein, die mit Produktinformationen und Ähnlichem befeuert werden müssen. In diesem Fall macht es Sinn, alle Kanäle einheitlich zu betreuen und ein standardisiertes Interface nach außen zu haben. Auch Partner, die eine spezielle Gerätekategorie betreuen, können über die Headless API zugreifen, ohne direkten Zugriff auf das CMS zu haben. Das spart auch Zeit und Aufwand.
Die Geschwindigkeit und Anzahl an Änderungen hat zugenommen
Früher hat man ein Launch- and Leave-Modell gefahren und einen großen neuen Webauftritt hingestellt, der in kleinen Teilen angepasst wurde, wo es notwendig war. Aber heute reagiert man schnell auf den Erfolg oder Misserfolg bestimmter Teile eines digitalen Kundenerlebnisses und führt jederzeit Änderungen aus. Die Anzahl der Änderungen, die man früher in einem halben Jahr durchgeführt hatte, führt man heutzutage in weniger als einem Monat durch. In diesem Sinne ist ein Headless CMS sinnvoll, weil man eine komplette Trennung zwischen Datenerfassung und Datenverwendung hat. Über die Standard Interfaces kann man auch mehrere Kanäle schneller bedienen als früher.
Headless CMS aus Entwickler-Sicht
Die Entwickler haben eine andere Perspektive auf das Thema und bevorzugen ein Headless CMS aus mehreren Gründen. Wenn sie mit 10 unterschiedlichen Systemen arbeiten müssen, die alle ihren eigenen Presentation Layer haben, müssen sie ihre Tools und Methoden an das jeweilige System anpassen. Das führt aus Sicht der Entwickler zu Komplexität, Unsicherheit und Risiko. Mit einem Headless CMS kann man mehr Standardisierung erreichen und so die Arbeit der Entwickler erleichtern.
In welchen Fällen ist ein Headless CMS weniger geeignet?
Viele Headless Content Management Systeme bieten im Vergleich zu herkömmlichen CMS weniger Möglichkeiten des visuellen Editierens. Das bedeutet, dass Projekte, die sehr stark marketing- und designorientiert sind und eine hohe visuell durchzuführende Anpassung an Einzelfälle erfordern, nicht ideal für einen Headless CMS-Ansatz sind. Wenn beispielsweise eine Kampagne erstellt werden soll und der Text an bestimmten Stellen umbrochen werden muss, ist ein visuelles Editieren erforderlich. In solchen Fällen macht es wenig Sinn, komplett auf Headless zu setzen. Ein guter Indikator dafür, ob oder wie stark ein CMS den Headless-Ansatz anwenden sollte, ist die Anzahl strukturierter Inhalte und die Komplexität des Datenmodells. Wenn das Datenmodell sehr granular und kleinteilig ist, wird auch ein Headless CMS nicht viel lösen können, da es viele Einzelfälle behandeln muss. Je sauberer das Datenmodell ist, desto mehr Sinn macht der Einsatz eines Headless CMS.
Fazit
Ein Headless CMS ermöglicht strukturiertes Daten-Management durch die Bereitstellung von Inhalten über eine Schnittstelle ohne die übliche Darstellung als HTML-Output. Das ermöglicht eine vereinfachte und standardisierte Bereitstellung von Informationen über verschiedene Kanäle hinweg und führt im Vergleich mit herkömmlichen CMS zu höherer Geschwindigkeit und geringem Aufwand.
Wenn Sie also ein Unternehmen haben, das eine flexible und skalierbare Lösung für die Erstellung und Verwaltung von Inhalten benötigt, sollten Sie die Implementierung eines Headless CMS in Betracht ziehen. Vergessen Sie jedoch nicht, dass Sie möglicherweise technische Unterstützung benötigen, um das Beste aus Ihrem System herauszuholen. Bright IT hat diese Expertise und unterstützt Sie gerne.